Vereine und Schule rücken zusammen

Die Sportclubs brauchen Nachwuchs, die Schulen Nachmittagsangebote:
Bildungskonferenz stellte Projekte vor.

 Von Kai von Dordowsky in den Lübecker Nachrichten vom 06. Dezember 2011

 

Boxen als Schulsport? Gibt es in Lübeck. Die Grund- und Gemeinschaftsschule Tremser Teich und der Boxclub Lübeck bieten eine Nachmittags-AG für Siebt- bis Neuntklässler an. 16 können mitmachen, 40 haben sich gemeldet – darunter auch etliche Mädchen. „Boxen stärkt die Persönlichkeit und baut auf sinnvolle Weise Aggressionen ab“, begründet Schulleiter Jörg Haltermann die ungewöhnliche Sportart. ,,40 bis 50 Prozent der Jungen kommen anschließend ins reguläre Training unseres Boxvereins“, nennt der 1. Vorsitzende Tolga Tanriverdi die Vorteile für den Club.

Seit der sportliche Nachwuchs schwindet und die Nachmittagsbetreuung in Schulen ausgeweitet wird, suchen Vereine und Lehranstalten die Zusammenarbeit. Vor sieben Jahren gab es gerade drei solcher Kooperationen, erklärte Friedrich Thorn, Bereichsleiter Schule und Sport, gestern bei der 5. Lübecker Bildungskonferenz in den Media Docks. Mittlerweile gebe es über 20 Kooperationsprojekte, rechnete Petra Feix vom Turn- und Sportbund vor. Bei über 70 Schulen und 147 Vereinen ist noch viel Luft nach oben.

 

Seit drei Jahren arbeiten die Albert-Schweitzer-Schule und der TuS Lübeck zusammen. Selbstverteidigung, Trendsportarten, Tischtennis, Handball und Hip Hop sind im Angebot. Sportanlagen werden gemeinsam genutzt. Vereinsmitglieder helfen wie selbstverständlich bei der Ausrichtung großer Schulsportveranstaltungen. TuS-Vorsitzender Friedel Schrader nimmt an Schulkonferenzen teil, Schulleiter Jan-Eric Becker besucht Jahresversammlungen des Vereins. Sport treibende Schulleiter sind eine gute Voraussetzung für die Kooperation. Jörg Haltermann von Tremser Teich ist Handballer, Jan-Eric Becker von der Albert-Schweitzer-Schule Fußballer. Die Lübecker Ruder-Gesellschaft (LRG) hat eine lange Tradition bei der Zusammenarbeit mit Schulen. Jüngstes Projekt: Fünft- und Sechstklässler wurden auf Rudergeräte gelockt. 35 Schulklassen mit 1000 Pennälern machten mit, die Begabtesten werden jetzt vom Verein gefördert. Kreisschulsportbeauftragter Holger Bull: „Die größten Bagaluten, die vor Kraft nicht laufen können, werden im Ruderboot in die richtigen Bahnen gelenkt.“

 

Die Nachmittagsbetreuung an den Schulen werde weiter ausgebaut, die deutsche Halbtagsschule werde zum Auslaufmodell, prophezeite Schulrat Helge Daugs: „Es gibt kein Zurück.“ Nach Aussage von Ahmet Derecik von der Westfälischen Wilhelms-Universität stehen Erziehung und Bildung vor einem „grundlegenden Strukturwandel wie seit 200 Jahren nicht mehr.“