LN vom 29. Juni 2014 Artikel von Sabine Risch / Fotos Malzahn
Zurück zu den Anfängen der Fotografie kehrten jetzt Siebt- und Achtklässler der Schule Tremser Teich. Und waren, ebenso wie ihre Lehrer, vollkommen begeistert von dem Projekt mit der Lochkamera.

Ilan Wolff hängt in der Schule Tremser Teich Negative zum Trocknen auf. Später werden die Schüler sie in Positive umwandeln und kolorieren.
Er beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit der Technik der Camera obscura, lebt abwechselnd in Spanien und Frankreich, hat in den 80er Jahren in ganz Europa viele Bilder verkauft, unter anderem an Gunter Sachs, hatte im „Stern“ eine große Fotoreportage „Deutschland 1986″. Ilan Wolff, gebürtig in Israel, ist ein ganz Großer auf dem Gebiet dieser ganz speziellen Art der Fotografie.
Jetzt hängt er gerade gemeinsam mit Schülern des Spanisch- Kurses der siebten und achten Klasse Negative auf. Soweit es geht, wird Spanisch gesprochen, was ganz im Sinne von Sprachlehrerin Nadine Ramminger ist. Die Schülerinnen und Schüler vom Tremser Teich helfen Wolff beim Aufhängen, wieder andere schauen fasziniert auf ihre Blechdosen. Diese kleinen, eher unscheinbaren Gegenstände sind Kameras — Lochkameras, genau gesagt, die sie unter Anleitung des Künstlers selbst gebaut und ausprobiert haben. „In der Dose war vorher Fotopapier drin“, erklärt ein Mädchen. Zehn bis 20 Sekunden öffneten die Schüler das winzige Loch in der Dose, entnahmen das Papier, das sich in Chemie in besagte Negative verwandelte. Die nächsten Schritte stehen noch an: die Umwandlung in Positive und die Handkolorierung. Niemand albert herum, keiner quatscht, alle sind voll bei der Sache.
Ilhan Wolff, der seit 35 Jahren mit dem Lübecker Architekten Thomas Schröder-Berkentien befreundet ist, gibt seit Anfang der 90er Jahre Workshops in ganz Europa. Für Erwachsene und Kinder gleichermaßen. In Lübeck war er schon öfter — im Grass-Haus und an einer anderen Schule war er schon tätig. Sein Anliegen, gerade wenn er mit Schülern arbeitet: „Sie wachsen mit Computern und Internet auf, müssen nur noch Knöpfe drücken. Das hier“, zeigt Wolff auf die super-simplen Lochkameras, „beweist: Denken und Handarbeit sind die Basis von allem.“

Wegen der langen Belichtungszeit brauchen Jonas (v.l.), Aljoscha, Sander und Michelle Stative.
Vier Tage verbringt er an der Schule Tremser Teich. Schulleiter Jörg Haltermann war spontan begeistert von der Idee, als Schröder- Berkentien verschiedenen Schulen Workshops bei Ilan Wolff anbot. Da traf es sich gut, dass Michael Haukohl mit seiner gleichnamigen Stiftung einmal mehr fördernd einsprang. Vier Schultage lang — je zwei im Naturwissenschafts-Unterricht der siebten Klasse und zwei im Spanisch-Kursus — leitete der Künstler die Schüler an. „Toll ist, dass sie ihr Wissen gleich anwenden können“, sagt Lehrerin Ramminger, „und nebenbei lernen sie ganz viele spanische Begriffe kennen.“ Ihre Naturwissenschafts-Kollegin Mona Loose war gar so begeistert, dass sie ehemalige Studienkollegen spontan auf die Workshops hinwies.
Die Ergebnisse ihrer Schüler sind ebenso überraschend wie ungewöhnlich, wie die nachträglich kolorierten Lochkamera-Fotos von Simon Wilk und Ana Jovanovic (beide 13) zeigen.

Zeigen stolz ihre Werke: Simon Wilk und Ana Jovanovic mit Aschenbecher und Eifelturm.
„Es war ziemlich spannend, hat Spaß gemacht“, sagt Ana. Und auch die Kinder, die erst bei den Negativen angekommen sind, sind begeistert. „Faszinierend“, sagt Judith Paulsen, „dass aus der Dose später ein Foto kommt.“ Auch wenn nicht jeder versteht, wie das Ding mit der Lochkamera physikalisch funktioniert: Gelernt haben alle etwas.
Prinzip aus der Antike
Die Lochkamera ist das einfachste Gerät, um eine optische Abbildung zu erhalten. Sie braucht dazu nur einen lichtdichten Hohlkörper mit einer winzigen Öffnung. Das auf der gegenüberliegenden Innenseite entstehende reelle Bild lässt sich auf lichtempfindlichem Material (Fotopapier oder Film) festhalten. Bei der Camera obscura wird anstelle des Lochs ein Objektiv angebracht.
Das Prinzip erkannte bereits Aristoteles (384—322 vor Christus). Vom Ende des 13. Jahrhunderts an wurde die Camera obscura von Astronomen zur Beobachtung von Sonnenflecken und Sonnenfinsternissen benutzt, um nicht mit bloßem Auge in die Sonne blicken zu müssen. Nachdem es im Mittelalter gelang, Linsen zu schleifen, ersetzte man das kleine Loch durch eine größere Linse.
Quelle: Wikipedia
Mehr über den Künstler unter www.ilanwolff.com



